Im historischen Ortskern von Emmendingen – in zentraler Lage am Marktplatz – steht das Alte Rathaus, das heute das Deutsche Tagebucharchiv mit dazugehörigem Museum, ein Veranstaltungssaal und ein Restaurant beherbergt. Zahlreiche Bürgerhäuser säumen den Platz, auf dem seit 1418 ein Wochenmarkt stattfindet. Das Alte Rathaus wurde im Jahr 1729 auf den Grundmauern einer aus dem Mittelalter stammenden Gerichts- und Gemeindestube in barockem Stil errichtet und war bis 1992 Sitz der Stadtverwaltung von Emmendingen. Heute steht es unter Denkmalschutz.
Das Gebäude ist freistehend. Die Verwendung der Rustika-Verblendung im Erdgeschoss und die unterschiedliche Farbgestaltung sind eine subtile Art, jedem Geschoss Eigenwert zu verleihen. Mit dieser klassischen Fassadengestaltung nimmt das Alte Rathaus Bezug zu historischer, öffentlicher Profanarchitektur, die durch die Herausbildung eines bestimmten Formenrepertoires eine sichtbare Repräsentation im öffentlichen Stadtbild einnahm. Hier wird klar zwischen Erdgeschoss, Piano Nobile und Dachgeschoss unterschieden. Ein umlaufendes Gesims trennt die Geschosse mit ihrer horizontalen Fensterreihung optisch voneinander. Die Rustika-Verblendung wird im Piano Nobile an den äußeren Seiten des Gebäudes als Eckbetonung fortgeführt und leitet den Blick zum hohen Walmdach mit Auskragung über.
Die deutlich horizontale Gliederung der Fassade wird durch bauliche Gestaltungselemente in deren Mitte belebt. Blickfang sind der plastisch aus der Fassadenebene hervortretende Säulenportikus und der darüber aufliegende Balkon mit dem feingliedrig verzierten Geländer, in dem das Wappen der Markgrafen von Baden und Hachberg kunstvoll eingearbeitet ist. Auf dem Dach schmückt ein Uhrenturm das Gebäude. Ansehnlich ist auch die an der Nordwestseite in einer Wandnische stehende Büste des Markgrafen Karl Wilhelm (1709-1738), der den Bau des Alten Rathauses zu seiner Zeit gefördert hat.
Unser Büro wurde mit barrierefreien Umbaumaßnahmen sowie der brandschutztechnischen Sanierung des Gebäudes beauftragt, wofür die Wände im Inneren verstärkt wurden. Eine außenseitig angebrachte Treppe dient dem aus brandschutztechnischen Gründen notwendigen zweiten Fluchtweg aus dem Veranstaltungssaal. Dafür wurde das im Bürgersaal vorhandene Fenster durch eine Tür ersetzt. Ziel war es, die neue Außentreppe im historischen Kontext zu integrieren, ohne die Erscheinung des Gebäudes zu ändern. So fügt auch sie sich als additives, plastisches Gestaltungselement im historischen Kontext des Gebäudes ein – dies jedoch ohne die Spuren der Zeit zu verleugnen. Die filigrane Treppe führt auf schmalen Stelzen seitlich an der Fassade hinab. Geradlinig in der Form, reduziert und filigran.
Die Eingangstür des Alten Rathauses hat eine Öffnungsautomatik mit Sensor erhalten. Der Antrieb ist nicht sichtbar in den Fußboden eingelassen. In Anlehnung an den bestehenden Belag ist dieser mit Natursteinplatten abgedeckt. Die Erschließung erfolgt über den zentralen Treppenraum. Daneben steht der neue Aufzug, der eine barrierefreie Erschließung der oberen Etagen ermöglicht. Aufgrund seines Einbaus wurde die Neuorganisation einiger Räume notwendig. So wurden die Sanitärräume an anderer Stelle verlegt und neugestaltet.